Perspektivwechsel
... gefährdet den Glauben, dass die eigene Wahrnehmung die einzig richtige ist, ja: das Grundbedürfnis nach Streit. Die Fremdsicht öffnet aber auch eine Gedankenwelt, in der ein Minus ein Plus ist und ein Nazi ein guter Mensch. Sie schenkt nicht nur Weitsicht auf ein Paralleluniversum, in dem Hirngespinste wahr sind, sondern auch die Kurzsichtigkeit Zukunftsverweigernder. Wo das Ich sich komplett in gespenstischen Einsichten verliert, belohnt es sich durch Selbstauflösung im Nirvana.
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Aus der Sackgasse dieses Texts befreit die Flucht in die Fluchtperspektive. Sie vereinigt betretenes Schweigen und ausgelatschte Pfade, indem sie in der Ferne alles diffus zusammen fließen lässt.
Am Fluchtpunkt ist alles eins, eins ist alles und ein fader Brei.
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Perspektivloses Malen lässt alle Teile eines Gemäldes gleichberechtigt sein. Es zeichnet ein Bild, das sich nicht der Natur des menschlichen Auges unterwirft, überall eine Tiefe wahrnehmen zu wollen. Perspektivlosigkeit ist aber selbst nicht perspektivlos, solange Menschen solche Bilder abkaufen.
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Auseinander gerät man, wo Menschen einander aus dem rechten Winkel betrachten, denn die rechteckige Anschauung lässt einen optimal mit der Streitpartnerin über Kreuz geraten. Einen Disput bewerkstelligt die Innenansicht ganz ohne andere Menschen. Das gereifte Selbst kauft dem jüngeren Ich vieles nicht mehr ab, wohingegen die Jugendlichkeit an der völligen Unkenntnis des Altseins scheitert.
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Zu schlechter Letzt darf dieser Ritt durch allerlei Anschauungsweisen für sich in Anspruch nehmen, überhaupt keine Perspektive aufzuzeigen.
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